Annette Frederking Bildungsarbeit für Mensch und Erde
© Annette Frederking
Dicke Linde in Heede
Besuch der Dicken Linde in Heede im Emsland zum Sommeranfang 2025
Parsteiner See
KrK
Es liegt Lindenblütenduft in der sommerlichen Luft, als ich mich im Juni 2025 aufmache, die Dicke Linde in Heede - eine Sommerlinde - an der Ems zu besuchen. Entdeckt hatte ich sie auf der Webseite der Nationalerbe-Bäume https://nationalerbe-baeume.de/ . Sie war der erste Baum, der als solcher ernannt wurde. Leider wusste ich dies noch nicht, als ich vor Jahren den Emsradweg fuhr und sie so um wenige Kilometer verpasste. Der Standort ist auf der Webseite s.o. angegeben und leicht zu finden. Welch beeindruckender Baum erwartet mich! Die Dicke Linde oder auch Riesenlinde von Heede hat einen sehr mächtigen Stamm. Später als eine Gruppe FahrradfaherInnen vorbeischaut, kann ich sehen, dass es 15 Menschen braucht, um einen engen Kreis um ihren Stamm zu schließen. Als Sommerlinde hat sie ihre Blüte schon abgeschlossen, doch der Duft der Winterlinden ist noch allgegenwärtig. Im Ort pflanzte man früher viele Linden in die unmittelbare Hausnähe mit der Hoffnung, dass ihr dichtes Wurzelwerk die Kellerräume vor Wasser schützen möge. Mein erster Blick blieb an dem Absperrband im Baum mit dem Hinweisschild haften, der Linde nicht zu Nahe zu treten, denn sie erhole sich kaum von den Trittschäden am Fuß des Stammes. Auch umgab sie ein Kreis von Findlingen, der mit Häcksel ausgestreut war, gedacht zur Unterstützung des Wurzelwerks. Ich hatte gelesen, dass man befürchtet, dass die vielen Besucher, den Boden verdichten. Nun war ich so weit gereist, um der Dicken Linde zu begegnen und jetzt verhinderten die Bedürfnisse der Linde meinen Wunsch, mich nah an ihrem Stamm niederzulassen und ihre Borke zu berühren. In relativer Nähe umgeben mehrere Bänke den Baum. Ich ließ mich auf einer nieder, um Stunden dort zu verweilen, denn dies war sozusagen mein Auftrag: Bei der Linde in absichtsloser Weise zu verweilen. In dieser Zeit kamen viele Besucher, Einzelne, Paare, eine Hochzeitsgesellschaft, eine Gruppe FahrradfahrerInnen. So gut wie alle blieben nur für ein kurzes „Wow!“ oder einen Klick für ein Selfie oder Gruppenfoto. Wenn es Fragen gab, bezogen sie sich auf das Äußere und verliefen nach dem Schema: Wie alt? > Ca. 800 Jahre > Stammumfang? 17 m > Höhe? 24 m >Wow! Wie viel Begegnung geschieht in so einem kurzen Moment? Bleibt die Linde nur äußere Kulisse? Was sagt dies über unsere Zeit? Aus der Gaiakulturbewegung ist mir die Gaia Touch Geste des Herzenskuss vertraut. Ich küsste die Linde in dieser Weise und öffnete mich für eine mögliche Antwort. Mein Körper und Geist wurden ganz ruhig. Es breitete sich ein Gefühl und ein Raum in mir aus, den ich als Raum der Ewigkeit bezeichnen würde. Die Linde sprach : „Ich lebe in ganz anderen Zeitintervallen und halte wie alle alten Bäume den Raum der Ewigkeit für euch Menschen. Entspannte Menschenseelen kann ich von weit her kommend (Der Pflanzenethnologe Wolf Dieter Storl nennt Pflanzen kosmische Wesen, die von weit herkommen) wirklich im Herzen berühren.“ Mein Herz reagierte bis ins Körperliche hinein und mein Geist öffnete sich weit. Jetzt kamen Kinder zum Baum gelaufen und obwohl sie sicher noch nicht im Schulalter waren, sagten sie, dass auf dem Hinweisschild steht, dass sie nicht mehr ins Innere des Baumes klettern dürfen. Dann zeigten sie mir noch eine kleine Prinzessinnenfigur, die dort steht. Erst jetzt wurde ich auf das L I N D E N I N N E R E aufmerksam, dass bei dieser Linde auf dem Stumpf einen großen, freien Platz bildet, welcher umringt wird von mehreren Stämmlingen, die nach oben streben. Dies ließ die Vermutung aufkommen, dass man einst mehrere Bäume nah neben einander pflanzte, so dass daraus dieser eine Baum entstand. Neuere dendrologische Untersuchungen ergaben aber, dass die Dicke Linde eine einzige Pflanze ist. So wanderte meine Aufmerksamkeit über die Kinder zu ihrem Inneren, welches über die vielen Jahre so vielgestaltig geworden ist. Ich erhalte das innere Bild dreier Gesichter, die von nur einer breiten Haube bedeckt sind. Am Ortseingang von Heede war mir der Hinweis „Gebetsstätte Heede“ aufgefallen. So erfragte ich, was es mit dieser Gebetsstätte auf sich hat und erfuhr, dass am 1. November 1937 einigen Mädchen die Gottesmutter Maria erschienen war. Sie hatten die Gottesmutter ohne Jesusknaben in diesem Kriegsjahr am alten Friedhofsplatz von Heede gesehen. Viele Linden sind sog. Marienlinden und man findet Marienbildstöcke unter ihnen. Die Germanen verehrten die Göttin Freya in ihr. Im Christentum wich Freya der Heiligen Maria. Linden und die Verehrung des göttlich Weiblichen gehen eng zusammen und so führt mich das innere Bild der dreigestaltigen Einen zur Göttin in ihrer Dreiheit: Oft die weiße, rote und schwarze Göttin genannt. Ich suchte den Ort der Marienerscheinung auf und sah dort ein Motiv in einem Rundfenster, welches sehr mit meinem inneren Bild korrespondierte. DIE DICKE LINDE IN HEEDE DER EWIGKEITSRAUM UND DAS GÖTTLICH WEIBLICHE September 2025